Außergewöhnliche Bauwerke abseits der Touristenströme
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Reiseziel in den Jahren 2017
Mit unübersehbar vielen qualitätvollen Baudenkmäler zählt die tschechische Metropole Prag, deren Zentrum Bestandteil des UNECO-Welterbes ist, zu den dichtesten Ensemblen historischer Architektur weltweit. Abseits der üblichen touristischen Routen erkundet diese Studienreise außergewöhnliche Bauten aus sechs Jahrhunderten. Dabei liegt Schwerpunkt zum einen auf der barocken Architektur, die für die Blütezeit der Stadt nach Ende des Dreißigjährigen Krieges steht, zum anderen auf der Architektur der Zwischenkriegszeit, die sich als eine der schöpferischsten und produktivsten Phasen des Bauens in die Architekturgeschichte der Stadt eingeschrieben hat. Zugleich eröffnet die Reise zwei sehr ungewöhnliche Stilvarianten, die sich nur auf böhmischem bzw. tschechischem Boden finden lassen. Zum einen ist es die höchst ungewöhnliche Barockgotik des genialen Architekten Johann Blasius Santini-Aichel (1677-1723), zum anderen der im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts entstandene Kubismus bzw. Rondokubismus, der mit kristallin gebrochenen oder durch kreis- und halbkreisförmige Strukturelemente geformte Fassadenflächen zum bevorzugten Nationalstil der jungen tschechoslowakischen Republik avancierte.
Aussig/Ústí nad Labem | Das Verwaltungsgebäude des „Vereins für Chemie- und Hüttenproduktion“, zur Zeit seiner Erbauung höchstes Hochhaus der Tschechoslowakei, wurde 1930 durch das europaweit renommierte Dresdener Architekturbüro Lossow & Kühne im außergewöhnlich selten im Land zu findenden Backstein-Expressionismus errichtet. Jungfernbreschan/Panenské Břežany | Die der hl. Anna geweihte Kapelle reflektiert eines der Idealvorstellungen des barocken Kirchenbaues – einen Zentralbau, hier auf ungewöhnlichem dreiseitigen Grundriss. Dieser früheste erhaltene Bau des Architekten Johann Blasius Santini-Aichel kündet bereits von dessen Genialität. Prag/Praha | Der durch den spätgotischen Architekten Benedikt Ried errichtete Wladislawsaal gilt als bedeutendster Saalbau um 1500 nördlich der Alpen. Die Schlingrippengewölbe, die den gänzlich stützenlosen Raum überfangen, wurden wichtige Inspitationsquellen für den barockgotischen Architekten Santini-Aichel. Prag/Praha | Unterhalb der Prager Burg erstrecken sich die sogenannten Palastgärten, terrassierte Barockgärten mit reizvollen Kleinarchitekturen und üppiger Bepflanzung. Sie entstanden anstelle der einstigen Weingärten, die zu den unterhalb der Burg gelegenen Adelspalais gehörten. Prag/Praha | Der beeindruckende Barockbau der St. Nikolauskirche auf der Prager Kleinseite wurde durch den aus Oberbayern stammenden Baumeister Christoph Dientzenhofer 1703 begonnen und durch seinen Sohn Kilian Ignatz Dientzenhofer bis 1752 weitgehend vollendet. Die Gewölbefresken stammen von Johann Lukas Kracker und Franz Xaver Palcko. Prag/Praha | Zu den frühen kubistischen Bauten des Architekten Josef Gočár zählt das „Haus zur schwarzen Muttergottes“. Der zwischen 1910 und 1911 errichtete Kaufhausbau wurde in den 1990er Jahren restauriert und einschließlich der Farbigkeit und einiger Innenräume in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Prag/Praha | Höchst ungewöhnlich ist die auffällige Fassadengestaltung des Adria-Versicherungsgebäudes in der Prager Neustadt. Der pittoreske Bau entstand nach Entwurf des Architekten Pavel Janák zwischen 1922 und 1924 als eines der Hauptwerke des Rondokubismus für die italienische Versicherung Riunione Adriatica di Sicurtá. Prag/Praha | Zahlreiche Passagen, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zunächst nach Pariser Vorbild entstanden, prägen die Prager Neustadt. So entstand 1910 auf einem Eckgrundstück des Wenzelsplatzes das Geschäftshaus „Koruna“ [Krone] als eine der frühen Stahlbeton-Skelettkonstruktionen der Stadt errichtet, das ebenfalls von einer reizvollen Passage durchzogen ist. Prag/Praha | 1912 entstand im Prager Stadtteil Vyšehrad nahe des Moldauufers die kubistische „Kovařovicova vila“ durch den Architekten Jozef Chochol. Ursprünglich Wohnhaus des Unternehmers Bedřich Kovařovic, diente zwischen 1960 und 1995 als Kindergarten genutzt. Nach der Privatisierung des Hauses 1995 wurde dieses aufwändig renoviert, der Garten nach originalen Vorlagen rekonstruiert. Prag/Praha | Die im Stadtteil Weinberg/Vinohrady gelegene, 1932 vollendete Herz-Jesu-Kirche ist eines der außergewöhnlichen Werke des genialen slowenischen Architekten Jože Plečnik. Prag/Praha | Zahlreiche Wohnhäuser im Stil des Funktionalismus bzw. der Klassischen Moderne befinden sich in der Musterhaussiedlung Baba, die durch die tschechoslowakische Sektion des Werkbundes initiiert wurde und 1932 im Stadtteil Dejvice entstand. Die 33 durch unterschiedliche Architekten, darunter Pavel Janák und Josef Gočár errichteten Villen stehen seit 1993 unter Denkmalschutz. Prag/Praha | Im Stadtteil Bubeneč entstanden zu Anfang des 20. Jahrhunderts eine Vielzahl von sehenswerten Villen und villenartigen Mehrfamilienhäusern im Jugendstil. Prag/Praha | Das auf dem Grundriss eines sechszackigen Sterns zwischen 1555 und 1558 errichtete Jagdschloss Stern/letohrádek Hvězda geht auf eine Konzeption Erzherzogs Ferdinands von Österreich, den habsburgischen Statthalter in Böhmen zurück. Durch „welsche“ Architekten Giovanni Aostalli und Giovanni Lucchese sowie den vom Bodensee stammenden kaiserlichen Hofbaumeister Bonifaz Wolmut errichtet, zählt der Bau zu den außergewöhnlichsten Renaissanceschlössern nördlich der Alpen. Prag/Praha | Schloss Troja/Zámek Troja entstand zwischen 1679 und 1685 als Lustschloss für Wenzel Adalbert Graf von Sternberg, zu dieser Zeit Statthalter des böhmischen Königs in Prag. Der Architekt Jean Baptiste Mathey entwarf am Ufer der Moldau eine vielgliedrige, straff rhythmisierte Dreiflügelanlage, dessen Festsaal mit spektakulären illusionistischen Malereien dekoriert wurde. Der angrenzende barocke Garten entstand als Rekonstruktion nach originalem Vorbild. Prag/Praha | Die Klosterkirche St. Gabriel in dem einst von Industrie geprägten Stadtteil Smíchov birgt im Innern einen höchst ungewöhnlichen und seltenen Schatz – kostbare Wandmalereien der „Beuroner Kunstschule“, die bis 1917 unter der Leitung des charismatischen Architekten, Malers und Benediktinermönchs Desiderius Lenz zum Teil durch die das Kloster bewohnenden Nonnen geschaffen wurden. Im christlichen Kontext höchst ungewöhnlich, finden sich in den Darstellungen nicht allein frühchristliche, sondern auch altägyptischer und altgriechische Symbolik, Dekorationselemente und Darstellungsweisen.