Auf Spuren des barocken Ausnahmearchitekten Johann Blasius Santini-Aichel
10. – 15.09.2024 Start in Berlin Zustieg Dresden
Vor 300 Jahren verstarb der geniale Architekt und Baumeister Johann Blasius Santini-Aichel (1677–1723), der sich als außergewöhnlicher Ausnahmearchitekt zu seinen Lebzeiten einen ausgezeichneten Namen machte. Heute scheint er weitgehend vergessen – ein wenig untergegangen im Heer der großen, in Böhmen und Mähren wirkenden Barockarchitekten, wie seinem Lehrherrn, dem Franzosen Jean-Baptiste Mathey, dem aus Bayern stammenden Christoph Dientzenhofer, dessen Sohn Kilian Ignatz oder dem Italiener Giovanni Battista Alliprandi. Und doch ist sein Oeuvre von besonderem kunsthistorischen (und auch touristischen) Interesse, da er als einziger nicht nur das italienische, über Österreich vermittelte Hochbarock brillant beherrschte, sondern insbesondere mit großem Interesse die Gotik studierte, die er mit dem schwingenden („kurvierten“) Barock zu einer außergewöhnlichen und – auf dem Kontinent einzigartigen – Barockgotik verschmolz.
Diese Studienreise führt über Prag zunächst nach Pilsen, dann durch die Mitte Böhmens bis nach Mähren und führt zuletzt nach Nordostböhmen. Dabei erkunden Sie die wichtigsten von Santini-Aichel geschaffenen Bauten – von seinem Frühwerk mit der kleinen St. Annenkirche in Panenské Břežany/Jungfernbreschan über die wohl bekanntesten Schöpfungen, die Klosterkirchen von Sedletz/Sedlec und Saar an der Sasau/Žďár nad Sázavou mit seiner spektakulären Wallfahrtskirche auf dem Grünen Berg/Zelená Hora (beide UNESCO-Weltkulturerbe) bis zu der kaum weniger spektakulären Benediktiner-Klosterkirche in Kladrau/Kladruby. Zudem erleben Sie in Prag nicht nur die Inspirationsquellen des Architekten und einige Palaisbauten aus seiner Hand, sondern bekommen zudem einen Überblick über das barocke Bauen in der Moldaumetropole während des 18. Jahrhunderts.
Als Übernachtungsorte sind das exquisite Hotel Lindner Prague Castle in Prag, in Pilsen das mitten in der Altstadt gelegene Hotel Trend*** , in Humpoletz/Humpolec schließlich das Hotel Kotyza*** vorgesehen.
Panenské Břežany/Jungfernbreschan | Die Kapelle der hl. Anna, 1705 bis 1707 im Auftrag der Äbtissin des Prager Benediktinerkloster St. Georg als eines der ersten Werke seiner Laufbahn errichtet, nimmt die Kapelle als Zentralbau eine besondere Stellung in der barocken Sakralarchitektur ein. Auf dreiseitig-kurviertem Grundriss, nimmt dieser insbesondere auf die Patronin Bezug, die drei Mal verheiratet war und drei Töchter, darunter die spätere Gottesmutter, gebar. Prag/Praha | Der durch den spätgotischen Architekten Benedikt Ried errichtete Wladislawsaal gilt als bedeutendster Saalbau um 1500 nördlich der Alpen. Die Schlingrippengewölbe, die den gänzlich stützenlosen Raum überfangen, wurden wichtige Inspitationsquellen für den barockgotischen Architekten Santini-Aichel. Prag/Praha | Für den Umgang mit barocken Bauten, die keinen gotischen Ursprung hatten, wählte Santini außergewöhnliche Bauformen, die zum Teil erstmals in Böhmen auftraten, wie hier das auf ovalem Grundriss errichtete Treppenhaus der Theatinerkirche. Von der Prager Burg aus fasziniert der Blick auf die sogenannte Kleinseite/Malá Strana, in deren Zentrum sich die Kuppel der von Kilian Ignatz Dientzenhofer entworfenen Kirche St. Nikolaus erhebt, einem Hauptwerk der Hochbarocks in Prag. Prag/Praha | Zu den bedeutendsten barocken Sakralbauten Böhmens zählt die Kirche St. Nikolaus auf der Prager Kleinseite. Das heutige Gotteshaus entstand ab 1703 nach einem Entwurf des Baumeister Christoph Dientzenhofer ab 1703. Nach dessen Tod 1722 vollendete sein kongenialer Sohn die Kirche mit der im Durchmesser von 20 Metern umfassenden Kuppel. An der überreichen Ausstattung war die Crème de la Crème österreichisch-habsburger Künstler beteiligt, darunter Franz Xaver Palko, Johann Lukas Kracker, Karel Škréta und Ignaz Franz Platzer. Prag/Praha | Das Palais Lobkowicz, 1702 nach Entwürfen des Architekten Giovanni Battista Alliprandi errichtet, gehört zu den sicherlich schönsten Barockpalais der Stadt. Mit der charakteristischen Kurvierung der Fassade weist er auf die Nachfolge der großen italienischen Architekten Bernini, Borromini und Guarini hin, die diese expressive Stilvariante in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts entwickelt hatten. Seit 1974 beherbergt das Palais die Deutsche Botschaft, in die sich im Herbst 1989 mehr als 4.000 DDR-Bürger flüchteten, um von dort aus nach intensiven Verhandlungen Hans-Dietrich Genschers in die Bundesrepublik auszureisen. Prag/Praha | Das in einen französischen Garten eingebettete Schloss entstand ab den 1680er Jahren als Sommerresidenz des Grafen Wenzel Adalbert von Sternberg, der für die vielgliedrige Anlage die damals wichtigsten Architekten der Stadt gewinnen konnte: Giovanni Domenico Orsi und – nach dessen Tod – Jean Baptiste Mathey. Im Innern reich mit spektakulären Fresken ausgestattet, beherbergt das Schloss heute eine Abteilung der städtischen Gemäldegalerie. Pilsen/Plzeň | Eingebunden in eine Häuserzeile, entstand bereits Mitte des 15. Jahrhunderts das heutige Rathaus, das durch den italienischen Baumeister Giovanni di Statia aus Lugano im Sinne renaissancezeitlicher Palazzi überformt wurde. Die üppigen Sgraffitodekorationen entstanden als Neuschöpfungen 1910.
Sedletz/Sedlec | Zu den frühen Werken Santini-Aichels zählt die Wiederherstellung der in den Hussitenkriegen völlig verwüsteten Zisterzienserabtei Sedletz, nur wenige Kilometer östlich der „Silberstadt“ Kuttenberg/Kutná Hora.
Kladrau/Kladruby | Das vielleicht bedeutendste, sicher aber größte Werk Santini-Aichels ist der vollständige Umbau der dreischiffigen, noch spätromanischen Basilika von Kladrau, den Abt Maurus Fintzguth dem genialen Architekten 1711 in Auftrag gab. Von weitem erscheint das Gotteshaus zunächst als authentischer gotischer Bau – und doch ist es ein
historisierender Neubau, der mit dem gotischen Stil die historische Kontinuität der Ordenstätigkeit in Böhmen zum Ausdruck bringen sollte. Kladrau/Kladruby | Als neue Zutat gab Santini-Aichel dem spätromanischen Baumbestand der spätromanischen Klosterkirche eine Vorhalle vor die im Sinne der Barockgotik umgestalteten Westfassade.
So sieht also barockes Bauen aus, wenn Santini-Aichel etwas in die Finger bekommt….. faszinierend, oder? Saar an der Sasau/Žďár nad Sázavou | Wallfahrtskirche St. Johannes von Nepomuk Saar an der Sasau/Žďár nad Sázavou | Der Innenraum der Wallfahrtkirche auf dem Grünen Berg/Zelená Hora wird von fünf Seitenkapellen mit querovalem Grundriss, alternierend mit fünf Altarkapellen im Grundriss sphärischer Dreiecke als dem Symbol der hl. Dreifaltigkeit gesäumt. Im Zentrum der Kirchenkuppel ist eine überdimensionale – hölzerne – Zunge, von Flammen, aus denen Strahlen ausgesendet werden, umgeben. Die Zunge als Märtyrerattribut findet sich zudem in stilisierter Form in den Fenstern der Laterne über der Eingangshalle. Raigern/Rajhrad | Bereits Mitte des 12. Jahrhunderts als Benediktinerkloster gegründet, zeigt das heutige Gebäudeensemble eine weitgehend einheitliche Gestaltung im Barockstil, die zahlreiche vorhergehende Zerstörungen, aber vor allem einer darauffolgenden Gesamtplanung Santini-Aichels geschuldet ist. Raigern/Rajhrad | Das üppig ausgestattete Innere der Klosterkirche beinhaltet Werke der Freskanten Johann Georg Etgens und Joseph Winterhalder d. J., der skulpturale Schmuck stammt aus der Hand des Bildhauers Ignatz Lengelacher. Sedletz/Sedlec | Im Inneren der ehemaligen Klosterkirche St. Mariae Himmelfahrt konnte Santini-Aichel seine Invention der Barock-Gotik wirkungsvoll entfalten. Hier ließ er – wiederum in Anlehnung an die Spätgotik – das ins Barocke transponierte Schlingrippengewölbe des Mittelschiffs errichten. Kuttenberg/Kutná Hora | Von Kloster Sedletz aus im 12. Jahrhundert gegründet, entwickelte sich das durch den Silberabbau reich gewordene Kuttenberg zu den bedeutendsten mittelalterlichen Städten Böhmens. Ansichtsprägendes Gotteshaus ist der spätgotische Dom St. Barbara, der vom frühbarocken Jesuitenkolleg flankiert wird. Kuttenberg/Kutná Hora | Der filigrane Bau der Barbarakirche – fast wie ein Reliquienkästchen gestaltet – weist als markanten Gebäudeabschluss drei Zeltdächer auf, wie sie auch bis zu einem Brand die Prager Burg trug und wie sie auch in alten Ansichten der Stadt belegt sind. Allerdings sind sie Rekonstruktionen des späten 19. Jahrhunderts, die unter Leitung der Architekten Kamil Hilbert und Josef Mocker durchgeführt wurden.
Informationen und Buchung:
Kulturwerk Mitteldeutschland Dagny Prasse Gutshof 3 06258 Schkopau Tel.: 0345/566 49 450 Mailadresse Website Reiseprogramm Anmeldeformular RadioPraha/07.12.23
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