Kirchenburgen und Städte im „wehrhaften Sachsenland“
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Studienreise in Kooperation mit der Europäischen Akademie Mecklenburg-Vorpommern, Waren/Müritz
Reiseziel im Jahr 2024 In kaum einer anderen Region Europas wird der Choral Martin Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen “ architektonisch so versinnbildlicht wie durch die im südlichen Siebenbürgen gelegene Kirchenburgenlandschaft. Geschaffen durch die seit dem späten 12. Jahrhundert in den Karpatenbogen eingewanderten „Siebenbürger Sachsen“ entstanden infolge der osmanischen Bedrohung ab dem späten 14. Jahrhundert mehr als 300 dieser wehrhaften Gesamtensembles.
Schon früh fand die Reformation auch bei den Siebenbürger Sachsen einen starken Widerhall. Nachdem der Reformator Johannes Honterus 1547 für diese die „Kirchenordnung aller Deutschen in Siebenbürgen “ verfasst hatte, war das „wehrhafte Sachsenland” eine evangelisch-lutherische Enklave im Südosten Europas.
Sie besichtigen neben dem Weltkulturerbe-Dorf Deutsch-Weißkirch/Viscri und dem ehemaligen Bischofssitz in Birthälm/Biertan auch einige weniger bekannte, aber für die einstige oder heutige Entwicklung des Landes exemplarische Dörfer mit beeindruckenden Kirchenburgen, in deren Gotteshäuser wir den reformationsbedingten Veränderungen im Kirchenbau nachspüren, aber auch den bewahrenden Charakter des Luthertums kennen lernen, der bemerkenswerte Teile des vorreformatorischen Kulturerbes konservierte und weiterhin in Ehren hielt. Nicht weniger faszinierend sind die Städte Siebenbürgens, deren Architektur beredte Abbilder der kulturellen Leistungen der „Sachsen“ sind. Nach Hermannstadt/Sibiu, der „Kulturhauptstadt Europas“ im Jahre 2007 erkunden wir Mediasch/Mediaș , die unter UNESCO-Schutz stehende Stadt Schäßburg/Sighişoara und das pulsierende Kronstadt/Brașov.
Zudem begegnen wir zahlreichen beeindruckenden Persönlichkeiten und Organisationen, die sich für den Erhalt der einzigartigen Kultur Siebenbürgens einsetzen. Sie berichten aus erster Hand über ihre Projekte und öffnen damit neue Perspektiven auf die Region, ihre Chancen und Herausforderungen.
Hermannstadt/Sibiu | Blick vom Turm der Stadtpfarrkirche auf den „Kleinen Ring“ mit Ratturm und katholischer Pfarrkirche Hermannstadt/Sibiu | Die evangelische Stadtpfarrkirche bildet historisch wie auch heute nach wie vor das Zentrum Stadt. Der Bau, der auf eine Kirchenburg der frühen Besiedlungszeit zurückgeht, wurde in den letzten Jahren grundlegend restauriert. Hermannstadt/Sibiu | Blick auf den „Großen Ring” mit der im 18. Jahrhundert durch die Habsburger platzierten katholischen Pfarrkirche; links daneben das heutige Bürgermeisteramt. Hermannstadt/Sibiu | Die 1672 von Johann Fest (1630–1694) geschaffene Orgel der Stadtpfarrkirche, die 1914/15 ein neues Werk der renommierten Firma Sauer, Hermannstadt/Sibiu | Die 1672 von Johann Fest (1630–1694) geschaffene Orgel der Stadtpfarrkirche, die 1914/15 ein neues Werk der renommierten Firma Sauer, Frankfurt (Oder) erhielt, ist mit 6602 Pfeifen, 85 Registern und ebenso vielen Nebenregistern die größte Kirchenorgel Rumäniens. Michelsberg/Cisnădioara | Mit der sogenannten Burgkirche in Michelsberg hat sich eine romanische Basilika erhalten, die in weitgehend originalem Bauzustand konserviert ist. Mit ihrer umgebenden Wehrmauer repräsentiert sie das früheste noch erhaltene Beispiel einer siebenbürgischen Wehrkirche. Michelsberg/Cisnădioara | Das eindrucksvolle Westportal der romanischen Kirche zeigt mit seinen Kerbschnittkapitellen den ursprünglich angestrebten repräsentativen Charakter der heute so schlicht erscheinenden Kirche. Kerz/Cârța | Die östlichste Niederlassung des 1098 gegründeten, ursprünglich von Burgund ausgehenden Zisterzienserordens befindet sich in dem kleinen siebenbürgischen Dorf Kerz. Die Klosterkirche des bereits vor der Reformation aufgelösten Konvents weist typische frühgotische Stilmerkmale auf, wie sie sich bei den meisten europäischen Ordensniederlassungen beobachten lassen. Holzmengen/Hosman | Blick auf das im idyllischen Harbachtal gelegene Dorf mit herausragender Kirchenburg, dahinter die schneebedeckten Berge des Fogarascher Gebirges, einem Gebirgszug der Südkarpaten. Kleinschenk/Cincşor | Die kleine Kirchenburg mit den pittoresken Fachwerkaufsätzen der Türme und der exzellent restaurierten Pfarrkirche bietet mit dem ebenfalls renovierten Pfarrhaus, das heute eine Pension beherbergt und den typisch-sächsischen Höfen ein stimmungsvolles Dorfensemble. Trappold/Apold | Zu den schönsten Kirchenburgen des idyllischen Harbachtals zählt die des kurz hinter Schäßburg gelegenen Dorfes. Seit Jahren durch einen sehr engagierten „Burghüter” baulich erhalten, wurde sie nun im Rahmen eines EU-Programms restauriert.
Schäßburg/Sighişoara | Die pittoreske Stadt mit seiner wohlerhaltenen, von einer vielbetürmten Stadtmauer umgebenen Oberstadt („Burg“), den historischen Wohnhäusern und der Bergkirche mit der ehrwürdigen „Schola Majoris“, dem heutigen Joseph-Haltrich-Gymnasium ist seit 1999 ein Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Mediasch/Mediaș | Das Zentrum des „Kirchenkastells”, einer der wenigen erhaltenen Stadtkirchenburgen Siebenbürgens bildet die Margarethenkirche. Deren Inneres birgt wertvolle vorreformatorische Wandmalereien sowie einen im ausgehenden 15. Jahrhundert geschaffenen Flügelaltar, der zu den bedeutendsten Retabeln Siebenbürgens zählt. Mediasch/Mediaș | Seit 1725 erklingt in der Margarethenkirche die wunderbar staffierte und ebenso klingende Orgel von Johannes Hahn, ein Orgelbauer, dessen herausragende Schöpfungen sich mit denen des sächsischen Orgelbauers Silbermann messen können. Birthälm/Biertan | Die Kirchenburg, deren kunst- und architekturgeschichtliche Bedeutung 1993 mit der Aufnahme in das UNESCO-Weltkulturerbe geadelt wurde, war zwischen 1572 und 1867 Sitz des evangelisch-lutherischen Landesbischofs von Siebenbürgen. Kronstadt/Brașov | Im Zentrum des trapezförmigen Marktplatzes steht das nach dem großen Stadtbrand von 1689 mit barocken Fassaden wiederaufgebaute Rathaus. Östlich begrenzt die sogenannte Kornzeile den Platz, aus deren dreigeschossiger Bebauung einzig der Turm der 1896 vollendeten orthodoxen Kirche erhebt. Kronstadt/Brașov | Unweit des Marktplatzes erhebt sich die seit dem Stadtbrand 1689 als „Schwarze Kirche” bezeichnete evangelische Stadtpfarrkirche als östlichster gotischer Kirchenbau Europas. Das Innere birgt reiche Kunstschätze, darunter die größte europäische Sammlung orientalischer Gebetsteppiche sowie eine bedeutende Orgel des Berliner Orgelbauers Buchholz. Kronstadt/Brașov | Die neologe Synagoge der Stadt gehört zu den besterhaltenen Gotteshäusern der einstigen jüdischen Bevölkerung in Rumänien. In den 20003er Jahren umfassend restauriert, dient sie auch heute wieder einer kleinen jüdischen Gemeinde. Tartlau/Prejmer | Am Rande der Ostkarpaten liegt Tartlau, dessen Kirche noch auf eine Gründung durch den Deutschen Orden zurückgeht und nach deren Vertreibung 1225 durch die Zisterzienser vollendet wurde. Die „Burg” wurde insbesondere im 16. Jahrhundert festungsartig ausgebaut. Tartlau/Prejmer | Außergewöhnlich sind die bis heute in der Burg erhaltenen 270 Wohnkammern mit hölzernen Verbindungsgalerien. In einigen der Wohnräume ist das Leben im Belagerungsfall nachgestellt, so ist beispielsweise eine der größeren Kammern als Schulraum eingerichtet. Deutsch-Weißkirch/Viscri | Als „alba ecclesia” im 13. Jahrhundert erstmals erwähnt, war die weiß getünchte Kirchen namensgebend für den Ort. Im 15. Jahrhundert infolge der osmanischen Bedrohung zu einer Kirchenburg ausgebaut, wird die Anlage in ihrem ursprünglichen Charakter bis heute erhalten. Deutsch Weißkirch/Viscri | Neben der eindrucksvollen Kirchenburg sind die siebenbürgisch-sächsischen Bauerhöfe sehenswert. Während in anderen Dörfer die historische Architektur stark gefährdet ist, wurden hier mit Unterstützung des englischen Mihai-Eminescu-Trust viele der Hofstellen denkmalgerecht restauriert. Deren Engagement wurde inzwischen mit der Einreihung von Dorf und Kirchenburg in das UNESCO-Weltkulturerbe geadelt.
Literaturhinweise
Arne Franke „Das wehrhafte Sachsenland“
Arne Franke „Städte im südlichen Siebenbürgen“
Arne Franke „Hermannstadt“
Arne Franke „Kronstadt“